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Bregagliotto

Idiom des Bergells


Im Bergell ist seit der Reformation Italienisch die Amtssprache. Aber unter der formalen Oberfläche, im täglichen Sprachgebrauch, in Sprichwörtern, Erinnerungen und sogar in den SMS der Jugendlichen, lebt eine intimere und emotionalere Sprache weiter: das Bregagliotto – oder „Bargaiot”/„Bregaiot”, wie es die Menschen im Bergell je nach ihrer Herkunft nennen.

Ursprünge und Einflüsse

Das Bregagliotto ist eine eigene Sprache zwischen dem Lombardischen und dem Rätoromanischen, die das Gebiet, in dem sie sich entwickelt hat, vollständig widerspiegelt: ein alpines Durchgangstal, Bindeglied zwischen der lombardischen und der graubündnerischen Kultur, geprägt von Auswanderungs- und Einwanderungsströmen.

Zusammenfassend lässt sich sagen:

- Der Wortschatz weist zahlreiche Ähnlichkeiten mit dem Romanischen auf (puter, vallader);
- Die Grammatik ähnelt eher dem Lombardischen;
- Einige Begriffe sind Entlehnungen aus dem Deutschen (vor allem im Fall von bargaiot), aus dem Italienischen (vor allem im Fall von bregaiot) oder aus anderen Sprachen.

Lokale Varianten

Der Bargaiot/Bregaiot ist nicht einheitlich: Er variiert von Ort zu Ort, von Ortsteil zu Ortsteil.

Sottoporta (Bregaiot): geografisch unterhalb des Römer Kastells «Nossa Dona», eher lombardisch, mit Einflüssen aus den benachbarten italienischen Dörfern. In Soglio fällt insbesondere die stärkere Verwendung von Doppelkonsonanten auf (ähnlich wie im Dialekt von Villa di Chiavenna) und, im Gegensatz zu den anderen Dörfern, das rollende „r“, das nicht leise ausgesprochen wird. In allen Dörfern von Sottoporta enden die Verben im Partizip Perfekt in der Regel mit einem offenen Vokal.

Sopraporta (Bargaiot): geografisch oberhalb des Römer Kastells «Nossa Dona», näher am Rätoromanischen. Im Gegensatz zur Variante von Sottoporta werden die Vokale, die oft doppelt sind, betont, und die Verben im Partizip Perfekt enden oft mit einem doppelten geschlossenen Vokal. In dieser Variante ist das weiche, gutturale „r“ viel ausgeprägter, das Hauptmerkmal des Bregagliotto.

Kleines Glossar 

 Deutsch  Bargaiot (Sopraporta)  Bregaiot (Sottoporta)
 das Haus  la ciäsa  la cäsa (Bon./Cas.) / la cà (Sog.)
 der Brunnen  la brona  la funtäna
 das Wasser  l'aua  l'ägua
 die Hosen  lan calcia  lan bräga (Bon./Cas.) / lan cälcia (Sog.)
 das Schaf  la norza  la feda
 ich  ie  mi (Bon./Cast.) / gé (Sog.)
 Guten Morgen  bundì  bundì
 Guten Abend  buna seira  buna sera
 Hallo  ueila/uei  ueila/uei
 ja  scì  scì
 nein  no  no
 danke  grazia  grazie/grazia
 gehen ("ich gehe")  indär ("ie vun")  andè ("mi/gé i vòi")
 öffnen ("ich habe geöffnet")  zarär ("ie à zaraa")  brisciar ("mi/gé i à brisciü")
 plaudern ("ich habe geplaudert")  cianciär ("ie à cianciaa")  ciaculä ("mi/gé i'à ciaculä")
 Bergell  Bargaia  Bregaia
 Vicosprano   Visavran / Vico  Savrän / Vico
 Roticcio   Ruticc  Ruticc
 Maloja  Malögia  Malög(g)ia
 Casaccia  Casa(a)cia  Casaccia
 Bondo  Bond  Bond
 Castasegna  Castasegna  Castasegna (Bon./Cas.) / Casctascegna (Sog.)
 Soglio  Soi  Soi 
 Spino  Spin  Spin
 Sotto Ponte  Sot Punt  Sot Punt
 Promontogno  Prumantögn  Prumantögn
 Pizzo Badile  Piz Badil  Piz Badil
 die Maira (Fluss)  la Maira  la Mera / la Mäira
 Wer bist du? Wie heisst du?  Tü ci et? In cusa at clamat?  Tü chi ét/èt / Ca at in nom?
 Ich heisse... / Ich bin...  Ie 'm clam... / Ie sun (al/la)...   (Mi/Ge) 'm clam... / Mi (i) sun (al/la)... / Gé som (al/la)...
 Wie spät ist es?  Che ura él?  Che ura él/èl?
Ich komme aus... (Name des Dorfes)  Ié sun da...  Mi/Ge sun/som da...


Literatur

Eines der bedeutendsten Werke, das in Bargaiot geschrieben wurde, ist La Stria (Die Hexe), eine Tragikomödie aus dem Jahr 1875 des Autors Giovanni Andrea Maurizio. Im Jahr 2025 jährt sich die Veröffentlichung zum 150. Mal:
La stria, ossia i stinqual da l'amur : tragicomedia nazionale Bargaiota : quädar di costüm da la Bragaia ent al secul 16 : Bergamo, Bolis 1875

Bemerkenswert sind auch die Veröffentlichungen von Luigi Giacometti:
- Elementi per una grammatica del dialetto Bregagliotto di Sopraporta. Poschiavo: Tipografia Menghini SA, 2003
- Ragord. Tun e Mazza, Rama e Risc. Ricordi e modi di dire bregagliotti. Poschiavo: Tipografia Menghini SA, 2006
- La Cläv d’Argent. Poesia e Prosa in dialet Bargaiot. Poschiavo: Tipografia Menghini SA, 2009
Dizionario del dialetto bregagliotto. Variante di Sopraporta. Traduzioni in italiano, romancio, tedesco. Coira: Pro Grigioni Italiano, Lugano: Edizioni Casagrande, 2012
Repertorio del dialetto breagliotto a partire dai termini in italiano e in tedesco. Complemento del Dizionario di Luigi Giacometti Collana «Storia dei Grigioni». Coira: Pro Grigioni Italiano, Lugano: Edizioni Casagrande, 2015

Ausserdem empfiehlt sich die Lektüre dieses Buches mit Gedichten, Versen und Redewendungen in Originalsprache mit deutscher Übersetzung:
- Das Bergell in Versen von Klaus Reinhardt und Andreas Kley. Olten: Knapp Verlag, 2019

Bregagliotto lernen

Seit vielen Jahren bieten Renata Giovanoli-Semadeni und andere auf Anfrage Bregagliotto-Kurse für alle Interessierten an. Ab Herbst 2025 kann man an einem Online-Bregagliotto-Kurs teilnehmen (Zeiten und Kosten noch zu definieren).

Um sich anzumelden oder weitere Informationen zu erhalten, bitte wenden Sie sich an die Koordinatorin:

Miriam Vogel
7610 Soglio
Tel.: +41 79 785 30 35
E-mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

 

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